Tourismus: Wie Big Data nach der Pandemie helfen kann

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Verfasst von Ameena Navab

Mit dem Ausbruch des COVID-19-Virus lebte die ganze Welt mit Einschränkungen und Reiseverboten. Wie erging es der Tourismusbranche in dieser Zeit und wie kann Big Data ihnen dabei helfen, wieder Kunden zu generieren?

Die ganze Welt wurde in einen Lockdown gedrängt, als die Pandemie ausbrach. Deshalb ist es kein Geheimnis, dass ein Großteil der Arbeiter unter den negativen Folgen der Einschränkungen zu leiden hatte. Viele Menschen verloren in dieser Zeit ihren Arbeitsplatz. Die Branchen, die schwer unter der Pandemie litten, waren die Tourismus- und Hotelbranche.

Laut des jährlichen EIR des World Travel & Tourism Council ging der Beitrag der Tourismusbranche zum Bruttoinlandsprodukt um 5,5% weltweit herunter – das sind 4,7 Billionen US-Dollar. Im Jahr 2020 wurden weltweit 62 Millionen Arbeitsstellen gestrichen. Die Pandemie erschütterte die ganze Tourismusbranche, besonders mittelständische und Kleinunternehmen waren schwer betroffen.

Und nicht nur der internationale Tourismus war betroffen. Lockdowns und das Aufkommen des Home-Office haben einen massiven Einschnitt in die Nutzung des ÖPNVs ausgelöst (natürlich war auch die Angst vor einer Ansteckung in der Öffentlichkeit ein Faktor). Der Bericht “Global Public Transport Report 2020″ (zusammengetragen von Moovit, ein Unternehmen für ÖPNV-Anwendungen und Datenerfassungen) besagte, dass 45% der ÖPNV-Nutzung reduziert wurde – die Welt stand still.

Gegenwärtige Lockdowns und Impfkampagnen

Die Welt erlebt derzeit ein weiteres Wüten des Virus, da mutierte Formen des COVID-19-Virus aufkommen. Seit März 2021 befinden sich aufgrund der zweiten Welle mehrere europäische und asiatische Länder in einem vollständigen oder Semi-Lockdown. Obwohl Frankreich seine Verordnungen etwas lockerte, befinden sich immer noch 21 Millionen Menschen in 16 Regionen in einem Lockdown, um eine mögliche dritte Welle abzuwenden.

Afrikanische Länder wie Kenia sprachen Warnungen vor einem weiteren vollständigen Lockdown aus, als die Infektionszahlen auf 22% hochgingen – ein Anstieg von 20% seit Januar. Die Philippinen berichteten von 9.838 neuen Fällen, was den größten Anstieg an neuen Infektionen seit Beginn der Pandemie darstellte. Länder wie Indien, Großbritannien, Polen, Belgien, Italien, Ungarn, Malaysia, Australien, Vietnam und Singapur haben einen vollständigen Lockdown gefordert, damit die zweite sowie ein potenzielle dritte Welle verhindert werden kann.

Aber nicht nur Lockdowns waren Maßnahmen, die von Regierungen und Gesundheitswesen verordnet wurden. Impfungen sind das Licht am Ende des Tunnels. Sie geben uns Hoffnung, dass die Pandemie so unter Kontrolle bekommen werden können.

Laut den Statistiken von Bloomberg wurden mehr als 1,84 Milliarden Impfdosen an 176 Länder verteilt (Stand: 29.05.2021). Mit der Menge könnte 12% der Weltbevölkerung geimpft werden. Täglich werden ungefähr 31,5 Millionen Impfungen durchgeführt. Wenn wir so weitermachen, werden wir vermutlich innerhalb eines weiteren Jahres eine hohe globale Immunität vorweisen können.

Aber das ist keine so leichte Aufgabe. Milliarden Impfdosen auf der ganzen Welt zu verteilen, um die Pandemie zu stoppen, wird eine der größten logistischen Herausforderungen für die Menschheit sein. Und der Erfolg der Herdenimmunität hängt davon ab, ob wir diese Herausforderung meistern.

Andrerseits machen die Länder große Fortschritte in der Reduzierung der Fälle, die kontinuierlich ihre Bürger impfen. Beispielsweise haben in Israel 84% der über 70-jährigen ihre zweite Impfung erhalten. Todesfälle und Infektionsrate sanken schnell ab. Großbritannien zeigt ähnliche Entwicklungen. Serbien ist eins der acht führenden Länder, die kontinuierlich impfen. Und in den USA sind mehr als 50% aller Einwohner geimpft.

Wie die Tourismus- und Hotelbranche es schaffte über Wasser zu bleiben. Wie haben Nachfrage-Prognosen dabei geholfen?

Laut der World Tourism Organization (UNWTO), hatte der globale Tourismus im Jahr 2020 sein schlechtestes Jahr erlebt. Wenn man die Statistiken des Jahres 2019 betrachtet, gingen internationale Landungen um 74% im darauffolgenden Jahr zurück. Die Krise verursachte Millionen gefährdeter Arbeitsplätze in der Hotelindustrie und der Tourismusbranche. Vor allem litten Klein- und mittelständische Unternehmen unter der Pandemie. Asien und der Pazifik waren die ersten Gebiete, die die Auswirkungen der Pandemie zu spüren bekamen. Im Jahr 2020 gingen internationale Landungen um 84% zurück.

Nun, wie konnte die Branche diesen wirtschaftlichen Einsturz durchstehen?

Wie auch an jedem anderen öffentlichen Platz mussten Hotels und Flughäfen ihre Hygienevorschriften verschärfen. Wenn Unternehmen sich streng an die staatlichen Vorschriften hielten, wurde das Vertrauen ihrer Kundschaft gestärkt. Ein weiterer Aspekt, der dem Hotelgewerbe zugute kam, war die verlängerten Aufenthaltsmöglichkeiten.

Lange Aufenthalte gehörten bereits vor der Pandemie zur Norm. Aber nun fand das Hotelgewerbe neue Möglichkeiten, wie sie sich Quarantänen und Reiseverbote zu Nutze machen können, um die ansonsten leerstehenden Zimmer zu belegen. Beispielsweise verglichen Reisende, die 14 Tage oder länger in Quarantäne mussten, Angebote für längere Hotelaufenthalte. Allein diese Daten halfen Hotels, nicht Pleite zu gehen.

Nachfrageprognosen halfen vielleicht auch dabei, Dienstleistungen im Voraus zu planen, wenn zukünftige Kundschaft eincheckte. Derartige Prognosen können dabei helfen, wirtschaftliche Schäden auf ein Minimum zu reduzieren. So können katastrophale Auswirkungen auf den Umsatz, das Einkommen, die Beschäftigungsverhältnisse und Ortstaxe verhindert werden.

Wie kann Big Data nach der Pandemie helfen?

Big Data kann nützlich sein, um zukünftige Szenarien der Tourismusbranche durchzuspielen und effektive Methoden zu entwickeln, die eine wirtschaftliche Erholung erlauben. Einmal mehr muss die Industrie in der Lage sein, mögliche zukünftige Verläufe vorherzusehen, um strategische Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Laut techmedia.com, hat eine nord-amerikanische Fluggesellschaft fast 100 Millionen US-Dollar an Treibstoff eingespart, indem sie eine datenbasierte Methode anwandten. Durch die Weiterentwicklung ihrer Kraftstoffprognosen konnten sie diese Einsparung erreichen.

Eine britische Fluggesellschaft wandte eine ähnliche datenbasierte Methode an, um Preis- und Nachfrageanalysen zu betreiben. Dazu untersuchten sie die Veränderungen auf dem Markt und die Preise der Konkurrenz. Auf diesem Wege wurde der Analyseprozess von 19 Stunden auf eine Arbeitsstunde reduziert. Die Unternehmen konnten so unnötige Ausgaben oder Flüge mit nicht besetzten Plätzen verhindern. Abwenden konnten sie dies durch die Entwicklung von Statistik- und Prognosemodellen. So konnten sie sichergehen, dass jeder einzelne Flug den richtigen Kaufpreis erhielt.

Die weltweit bekannteste Anwendung für den Transportsektor, Moovit, gab auch ihre Meinung zu datenbasierten Lösungen bekannt:

“Wir leben in einer Zeit, in der Big Data wichtiger ist als je zuvor – vor allem im Transportsektor. Big Data kann Städten und Betreibern von öffentlichen Verkehrsmitteln helfen, die Bedürfnisse der Fahrgäste zu erfassen und dementsprechend den ÖPV anzupassen.”

Yovav Meydad, Vorstand der Abteilung Marketing

Laut Moovit, wollen 43% der Einwohner in Singapur wissen, wie viele Menschen sich im ÖPNV befinden, bevor sie entscheiden können, ob sie die Öffis nutzen oder nicht. Anhand von Big Data kann beurteilt werden, wie hoch der Belegungsgrad der Fahrzeuge sein wird. Außerdem können die Daten Auskunft darüber geben, wann und wo sich Menschenmassen im ÖPNV bewegen. So können die Fahrgäste entspannter reisen, ohne sich auf ihr Bauchgefühl verlassen zu müssen.

Weitere mögliche Gebiete, in denen Big Data hilfreich sein kann:

Streckenoptimierung

Wenn Kunden Direktflüge lieber haben als Zwischenlandungen und Anschlussflüge, können Unternehmen Optimierungsalgorithmen anwenden, z. B. lineare Optimierung, mithilfe von Data Science und AIML.

Die Fluggesellschaften können anhand datenbasierter Methoden ihren Kunden Direktflüge anbieten und so ihren Bedürfnissen entgegenkommen. Denn Zwischenstopps verunsichern die Fluggäste, erholt sich die Welt doch gerade erst von der Pandemie. Auch die Unternehmen profitieren von Direktflügen, da weniger Kosten für die logistischen Arbeiten ausgegeben werden müssen.

Beispielsweise zeigt eine Studie von Pankil Patel und Dr. Ahad Ali, dass die Programmiersprache Lingo und Solver für die Programmierung von Integer nützlich sind. Sie können nämlich dabei helfen, die benötigte Anzahl der Flüge zwischen zwei Städten zu bestimmen, die gebraucht werden, um Direktflüge anbieten zu können und maximalen Umsatz zu erzielen. Solche Schritte helfen Fluggesellschaften effektiv ihre Ressourcen einzusetzen, ohne dabei etwas zu verschwenden.

Die gleiche Methode kann auch auf den ÖPNV angewendet werden. Busdienstleister können ihre Fahrten innerhalb der Städte und Länder anpassen. Zugdienstleister können auch in einem ähnlichen Verfahren landesweit angepasst werden.

Kontaktloses Reisen

Kontaktlose Optionen sind aufgrund der Pandemiesituation sehr gefragt, da von Berührungen in der Öffentlichkeiten gewarnt wird. Obwohl das Einchecken und die Einreisekontrolle manuell geschehen, wird erwartet, dass automatisierte Prozesse in der Reisebranche zum Standard werden. Biometrische Technologien zur Identifizierung von Personen sind bereits weitgehend anerkannte Lösungen.

Das Überprüfen von Fingerabdrücken und das Scannen der Iris sowie Gesichtserkennungen könnten in Zukunft zur Standardmethode gehören. Experten aus der Industrie sagen, dass Data Science und künstliche Intelligenzen der Schlüssel im Wettlauf um eine digitale Reisebranche sein werden. Mithilfe von elektronischen Reisepässen sowie Personalausweisen, Flugtickets, medizinischer Untersuchungen sowie automatischen Reinigungsgeräten kann der physische Kontakt zwischen Menschen und die Berührung von Oberflächen reduziert werden.

In der Luftfahrtbranche werden KI, maschinelles Lernen und Robotertechnik als virtuelle Assistenten eingesetzt. Sie kommen beispielsweise im Kundendienst sowie in der Kundenanfrage, Logistik, Flughafensicherheit, Flugzeugüberwachung und Gesichtserkennung vor. Letzteres kann biometrische Lösungen ersetzen. Auch Verkaufsstände werden mit erweiterter Realität (Augmented Reality) aufgerüstet.

Laut einer Studie, arbeiten 97,2% der Fluggesellschaften daraufhin, Big Data und künstliche Intelligenz einzusetzen. Von diesen Firmen nutzen 76,5% die Möglichkeit der Datenerfassung und stärken die Nutzung von KI für kognitives Lernen.

Zum Beispiel wird im Flughafen von Bangalore ein humanoider Roboter eingesetzt, der von einem Start-Up-Unternehmen (ansässig in Bangalore) namens Sirena Technologies entwickelt wurde. Der Roboter hilft den Fluggästen beim Einchecken. Andere Flughäfen, wie in Singapur und Hong Kong, nutzen Thermal Screening, um die Passagiere zu untersuchen. Auch wenden sie Roboter an, um den Flughafen zu desinfizieren.

Etihad Airlines, im Nahen Osten, arbeitet an interaktiven automatischen Ständen. Sie sollen die Temperatur und die Herzfrequenz der Reisenden kontrollieren können, bevor sie ihre Tickets erhalten. Außerdem sollen dort die Vielzahl an biometrischen Daten verarbeitet werden können. All das wird durchgeführt, um die Auswirkungen der Pandemie einzudämmen und ein sicheres, kontaktloses Reisen zu ermöglichen.

Ein Flughafen in Los Angeles benutzt fortgeschrittene biometrische Lösungen, bei denen die Fluggäste selbstständig einchecken können, um den Gästen eine sichere Reise zu gewährleisten, die auch kontaktlos verlaufen kann.

Digitaler Gesundheitspass

Gesundheit ist gegenwärtig ein sehr wichtiges Thema und die jetzigen Auswirkungen werden auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Nach der Pandemie könnte Gesundheit in jedem Aspekt des Transportsektors ein Anliegen sein. Eine Umfrage der International Air Transport Association (IATA) sagt aus, dass Maßnahmen wie Desinfizierungen, medizinische Kontrollen und Masken das Sicherheitsgefühl der Fluggäste steigert, wenn sie daran denken, nach der Pandemie wieder zu verreisen.

Einige Unternehmen denken darüber nach, Anwendungen für Smartphones zu entwickeln, um Reisenden mit einem digitalen Gesundheitsausweis auszustatten. Der Gesundheitspass soll zeigen, dass die Kunden frei von Symptomen sind und den Impfpass enthalten. So können die Menschen öffentliche Orte wie Krankenhäuser, Kinos und Einkaufsläden betreten.

IATA ist bei der Veröffentlichung eines vollständig digitalen Reisepasses einen Schritt weitergekommen. Im Dezember 2020 eingeführt, wurde der IATA-Reisepass entwickelt, um den Menschen die Möglichkeit zu geben, ihren POC- oder PCR-Test sowie ihren Impfpass zu speichern und diese Daten mit einem digitalen Personalausweis zu verbinden.

Der digitale Reisepass hat viele Vorteile, weshalb 27 Fluggesellschaften (darunter Emirates, Etihad, International Airlines Group (IAG), Air New Zealand, Korean Air und viele weitere) beschlossen, einen Versuch mit dem Ausweis zu starten. In der Zwischenzeit wurde Singapur das erste Land, das einen digitalen Reisepass mit einem Impfnachweis akzeptiert, um in das Land einzureisen, nachdem Singapore Airlines erfolgreiche Versuche unternahm.

Aber nicht nur IATA baut auf digitale Gesundheitspässe, denn eine Vielzahl von anderen Unternehmen und Verbänden geht auf die neuen Technologien in den letzten Monaten ein. Anbieter wie AOKpass, CommonPass, Daons VeriFLY, CLEAR Health Pass und IBM Digital Health Pass etc. arbeiten mit digitalen Ausweisen.

Aber letzten Endes liegt die Verantwortung beim Staat. Er muss die Nutzung des digitalen Gesundheitspasses implementieren und vertrauensvolle Rahmenbedingungen schaffen. Wenn diese Pässe dann regelmäßig bzw. standardmäßig zum Einsatz kommen, dann wird es die Zukunft der biometrischen Personenerkennung an Flughäfen revolutionieren.

Wie sieht der Reiseplan der Zukunft aus?

Vor der Pandemie machte sich niemand Gedanken, wenn sie in einer überfüllten Großstadt unterwegs waren, fremde Menschen trafen oder aus Versehen Fremde auf dem Markt berührten. Aber nun, wo alte Modelle überholt sind, konzentrieren sich die Unternehmen auf die Zukunft. Sie müssen eine größere Verantwortung für Mensch und Umwelt wahrnehmen.

Wegen der Abstandsregeln und den reduzierten Kontakten, ist es unausweichlich, dass die Tourismusbranche nach nachhaltigen Lösungen für Mensch und Umwelt suchen muss. Mit jeder Pandemie wurde das Gesundheitswesen immer effektiver und mit der COVID-Pandemie werden hygienischere Vorgehensweisen umso wichtiger.

Diese Entwicklung wird natürlich den Reisenden und der Gesellschaft zugute kommen. Aber die Herangehensweise wird zweifellos der Tourismusbranche helfen, den Betrieb wieder vollständig hochzufahren und das sicher und nachhaltig, wobei sie Vorteile für die gesamte Industrie schaffen werden.

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